Geistliches Wort

Hört das Lied der finstern Nacht

„Petrus leugnet, es ist Nacht. Nacht voll Sünde und voll Schuld, Jesus blickt ihn an, draußen kräht der Hahn“ so hat der frühere Oschatzer Kirchenmusikdirektor Erhard Anger die Situation in einem Lied „Hört das Lied der finstern Nacht“ beschrieben. Durch den Verrat des Judas wird Jesus den Soldaten ausgeliefert, gefangengenommen und abgeführt. Petrus folgt ihnen. Er will Nahe sein, will Jesus moralisch unterstützen und wird dabei auch zum Leugner und Verräter. Da hat er sich zu wohl viel zugemutet: Hat seine Kräfte dabei überschätzt und seine Angst unterschätzt und auch die Wucht der Menschen, die ihn befragen und bedrängen.
Er bricht zusammen unter der Last der Ansprüche und des Augenblickes. Wird zerrieben zwischen seinem Wollen und der Wirklichkeit.
 
Auch im Versagen ist Petrus uns ein Vorbild. Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Petrus ist mutig, vielleicht etwas übermütig, aber er agiert intuitiv und impulsiv. Er will seinem Lehrer beistehen, will ihn nicht alleine lassen. Will Nahe sein und ihn die Nähe spüren lassen, in dieser finsteren Nacht. Und dabei nimmt er in Kauf, dass er sich überschätzt und überfordert und damit zum Leugner und Verräter wird. Manchmal scheint es wohl nicht anders zu gehen im Leben. Das Versagen gehört zum Leben. Die Untreue zur Treue. Die Kreuzwege sind halt auch Lebenswege.
 
Schön, dass die Bibel uns solche Geschichten aus dem Prallen Leben überliefert. Das Menschsein in seiner Facette der Schwäche. Ehrlich und ungeschminkt. Ohne Heiligenschein, der eh nur ein Scheinbild wäre. Der Mensch Petrus ist nicht perfekt und dies macht ihn menschlich und zugleich sympathisch: Vorbild gleichermaßen, im Mut Jesus beizustehen, und die Angst vor der eigenen Courage anderseits. Nur gut und zugleich tröstlich, dass die Geschichte für Petrus in dieser finsteren Nacht des Verrats nicht endet.
Um es in den Worten des Eingangs zitierten Liedes von E. Anger zu sagen: „Jesus stirbt, da wird es Nacht, doch er bricht die Finsternis, reißt durch seinen Tod uns aus Nacht und Not.“

Christof Jochem, evang. Pfarrer in Oschatz, Kirchgemeinde Oschatzer Land
Pfr. Christof Jochem